Visuelle Bild-Vorstellung bei Patienten mit homonymer Hemianopsie

Joystone Gbadamosi and Wolfgang H. Zangemeister, J Cogn Neuroscience 2001, Vol. 13, Pages 855-866

Textsprache des Originals: Englisch

In diesem Artikel berichten wir über einige Erkenntnisse über Bildvorstellungen (visual imagery)  bei Patienten mit stabiler homonymer Hemianopie im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen. Diese Ergebnisse wurden durch Analyse der Blicksteuerung mit Aufzeichnung von Augenbewegungen in verschiedenen Betrachtungs- und Bildphasen erhalten. Wir verwendeten sechs verschiedene visuelle Reize für die aufeinanderfolgenden Betrachtungs- und Bildphasen. Mit der Infrarot-Okulographie wurden während dieser Präsentationsphase, sowie in drei aufeinanderfolgenden Bildphasen Augenbewegungen, dann ohne Stimulus, aufgezeichnet. Bei der Analyse der Grundparameter der Blicksequenzen („Scanpaths“) entdeckten wir in beiden Gruppen unterschiedliche Merkmale der „Betrachtungsscanpaths“ und der „Bildscanpfade“(kleiner), was auf eine verringerte Ausdehnung des Bildes innerhalb der kognitiven Darstellung schließen lässt. Wir haben verschiedene Ähnlichkeitsmaße angewendet (Bearbeitung von Strings / Vektor-Strings, Markov-Analyse). Wir fanden eine „progressive Bildkonsistenz“, die sich durch die Erhöhung der Ähnlichkeitswerte beim Vergleich der späten Scanpathse zeigt. Dieses Ergebnis deutet auf eine starke Top-Down-Komponente bei der Bilderkennung hin: In beiden Gruppen, gesunden Probanden und hemianopischen Patienten, duerfte  sich ein mentales Modell des betrachteten Bildes sehr schnell entwickeln und die Augenbewegungen wesentlich bestimmen. Da unsere hemianopischen Patienten analoge Ergebnisse zu den normalen Probanden zeigten, schließen wir, dass diese Patienten gut an ihr Defizit angepasst sind und trotz ihres perzeptuellen Defekts eine konservierte kognitive Repräsentation aufweisen, die im visuellen Prozess den gleichen Top-down-Visionsstrategien folgt wie die reale Bildbetrachtung mit realem –und nicht vorgestelltem – Scanpath.